Unternehmensfinanzierung: mit neuer Strategie nach dem Corona-Lockdown

Warum Unternehmen perspektivisch ihre Finanzierung neu ordnen sollten

Während der Corona-Krise wurden über die deutschen Hausbanken Zehntausende KfW-Kredite an Unternehmen ausgereicht. Bei vielen Mittelständlern dürfte daher der akute Liquiditätsbedarf zunächst gedeckt worden sein. Die sich einerseits abzeichnende Rezession wird die Unternehmensbilanzen jedoch weiter belasten. Andererseits werden die stetigen Investitionserfordernisse und Wachstumsmöglichkeiten den Finanzierungsbedarf erhöhen. Mittelständische Unternehmen sollten daher die momentane Phase nutzen, um ihre Finanzierungen nachhaltig und zukunftssicher zu strukturieren und mittels innovativer Produkte ihre Bilanzen zu entlasten sowie Finanzkennzahlen zu verbessern. Die Commerzbank kann dabei helfen.

Tiefpunkt des wirtschaftlichen Abschwungs liegt hinter uns

Für Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, haben die Folgen der Corona-Pandemie erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierungssituation deutscher Unternehmen: „Viele mussten sich in der Krise hoch verschulden, aber diesen Schulden stehen keine ertragreichen Investitionen gegenüber. Und um diese Verschuldung wieder zurückzufahren, müssen die Unternehmen sparen. Sie werden sich deshalb zunächst bei Investitionen und Einstellungen zurückhalten.“ Allerdings: „Der Tiefpunkt der wirtschaftlichen Aktivität liegt hinter uns“, sagt Jörg Krämer.

Wirtschaft wird von Menschen und Unternehmern, nicht von der Politik gemacht

Dennoch erwartet der Ökonom nur eine langsame Erholung: „Das deutsche Bruttoinlandsprodukt dürfte erst Ende 2021 wieder das Vor-Krisen-Niveau erreichen.“ Trotz allem blickt Krämer optimistisch in die Zukunft: „Die meisten Mittelständler sind mit soliden Bilanzen in die Krise gegangen. Außerdem sehnten sich die Menschen nach Normalität.“ Krämer: „Mit der Lockerung der Anti-Corona-Maßnahmen bricht sich der Schaffensdrang der Menschen wieder Bahn. Das ist wichtiger als jedes Konjunkturprogramm.

Unternehmen wegen Corona-Krise höher verschuldet

Davon konnten aber nicht alle Branchen profitieren. Christine Rademacher, Divisional Head Financial Engineering bei der Commerzbank, zeichnet ein differenziertes Bild der mittelständischen Unternehmen hierzulande: „Manche sind nur leicht von der Krise betroffen, bei anderen gab es einen Geschäftseinbruch, beispielsweise in der Tourismusbranche.“ Insgesamt seien Betriebe jetzt höher verschuldet als vor der Krise, „was für sich genommen erst einmal nicht schlimm ist“, sagt die Finanzierungsexpertin.

Unternehmer sollten Strategiegespräch über Finanzierungsmöglichkeiten mit Banken suchen

Bei einigen Kunden musste ihr Team kritischen Liquiditätsbedarf binnen weniger Tage decken. Rademacher: „Das hat bei der Stammkundschaft meist auch sehr gut funktioniert.“ Dennoch dürfe bei manchen Firmen die Verschuldung so groß geworden sein, dass die Finanzierung von Investitionen problematisch werden kann. Christine Rademacher empfiehlt Unternehmen daher, sich auf jeden Fall – über die aktuelle Situation hinaus – Gedanken über die langfristige Unternehmensfinanzierung zu machen. „Sprechen Sie Ihre Hausbank so früh wie möglich an“, rät sie. Bei dem Gespräch sollte es unbedingt auch um die künftige Strategie gehen: Was erwartet das Unternehmen nach der Belebung des Geschäfts? Welche Liquiditätsbedarfe hat das Unternehmen? Hierbei sollte es laut Rademacher nicht nur um die klassische Betriebsmittelfinanzierung, sondern auch um die Finanzierung zurückgestellter Investitionen gehen.

Bedarfsgerechte Beratung zur Unternehmensfinanzierung setzt Transparenz voraus

Werden Bankpartner frühzeitig einbezogen, können sie entsprechend beraten und unterstützen. Dabei sollten alle betroffenen Geldhäuser den gleichen Wissensstand haben. „So banal es klingt: Die Antwort auf die Frage, 'Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf Jahren?‘, kann der Anfang eines fruchtbaren Austausches werden.“, betont Rademacher. Wenn die Finanzierungspartner wissen, was der Unternehmer plant, welche Schlüsse er für sich und seine Firma aus der Krise zieht und welche Ziele er hat, könne er bedarfsgerecht und individuell beraten werden.

Commerzbank wagt den Blick in die Zukunft der Unternehmen

Christine Rademacher rät mittelständischen Firmen, neben dem eigentlichen Finanzbedarf auch einen Puffer für unvorhergesehene Ereignisse einzuplanen. „Dann ist erst einmal für die kommenden drei bis fünf Jahre Ruhe und man kann sich ganz auf sein Geschäft konzentrieren“, sagt die Expertin. Diese vorausschauende Finanzierung sei ein wesentlicher Unterschied zur Liquiditätsplanung, wie sie bei Unternehmen noch vor einigen Jahren üblich war. „Früher wurde als Basis nur auf die Bilanz des Vorjahres geschaut. Heute wagen wir den Blick in die Zukunft, um auch die richtigen Finanzierungsstrukturen zu finden.“ Ziel sei es, eine auf den Kunden zugeschnittene Gesamtlösung zu finden, bei der unterschiedliche klassische, aber auch innovative und kreative Finanzprodukte zur Anwendung kommen.

Borrowing Base Finance als „atmende“ Betriebsmittelfinanzierung

Ein Beispiel dafür ist die Borrowing Base Finance. Das ist eine Betriebsmittelfinanzierung, die sich dem Umlaufvermögen eines Unternehmens anpasst. „Die Kreditlinie kann so – je nach Bedarf – wachsen oder auch mal schrumpfen“, betont Rademacher. Das bringe Spielraum für Wachstum und bedeute eine hohe Flexibilität für Unternehmen.

Factoring hilft, Bilanzen zu entlasten

Eine bilanzschonende, ebenfalls atmende Alternative oder auch kreative Ergänzung zur Borrowing Base stellt ein regressloser Forderungsverkauf über Factoring oder Forfaitierung dar. „Gerade mit einer gestiegenen Verschuldung bietet es sich an, eine bilanzschonende Finanzierung in den Finanzierungsmix zu integrieren. Auch die 100%ige Absicherung verkaufter Forderungen vor Abnehmerausfällen ist ein starkes Argument, sich mit dem Thema auseinander zu setzen“, so Rademacher.

Pay-per-Use: Kredittilgung richtet sich nach Maschinenauslastung

Flexibilität ist auch ein passendes Stichwort für ein Finanzierungsprodukt, welches quasi für die Industrie 4.0 geschaffen wurde: Pay-per-Use (PpU). Grundlage für diese Form des Kredits sind Maschinendaten, die beispielsweise über das Internet of Things (IoT) erfasst und an die Bank übermittelt werden. „Dadurch kann das Kreditmodell an die Auslastung einer technischen Anlage angepasst werden“, sagt Michael Leibfried, Local Head Financial Engineering für die Region Baden-Württemberg bei der Commerzbank in Stuttgart. In der Praxis bedeutet das: Die Tilgungsraten können je nach Maschinenauslastung in einem Bereich zwischen 50 und 140 Prozent der vereinbarten Regeltilgung liegen. Ist die Nachfrage nach einem Produkt nur gering, muss das Unternehmen wenig tilgen, ist die gekaufte Maschine voll ausgelastet, kann der Kredit schneller zurückgezahlt werden. Leibfried: „PpU ist ein digitales Produkt, dass in erster Linie für Unternehmen geschaffen wurde, die Maschinen und Anlagen in ihren Geschäftsprozessen nutzen. Aber auch für Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau dürfte das Produkt von Interesse sein. Dabei gibt es keine Branchenbeschränkungen.“

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Nachrangiges Verschuldungspotenzial mittels Mezzaninekapital erschließen

Wie eingangs erwähnt, hat die Corona-Krise mitunter zu einer sehr hohen Verschuldung von Unternehmen geführt. In solchen Fällen können die Möglichkeiten einer vorrangigen Verschuldung (Senior-Leverage) ausgeschöpft sein. „Im Einzelfall kann dann zusätzliche Liquidität dadurch aufgenommen werden, dass auch das nachrangige Verschuldungspotenzial (Total-Leverage) des Unternehmens erschlossen wird“, sagt Klaus Sachse, Geschäftsführer der CBG Commerz Beteiligungskapital GmbH & Co. KG, eine Tochter der Commerzbank in Frankfurt. Ein etabliertes Mittel ist dafür das sogenannte Mezzaninekapital: Dieser Oberbegriff steht für unterschiedliche hybride Finanzierungsformen – die bilanziell zwischen Eigen- und Fremdkapital angesiedelt sind- wie beispielsweise Genussrechte oder stille Beteiligungen. Sachse: „Endfälliges Mezzaninekapital verringert die vorrangige Verschuldung, führt zu einer Entlastung des Cashflows in der Investitionsphase und stärkt zugleich die Eigenmittelquote.“ Zielgruppe für dieses Produkt sind etablierte mittelständische Unternehmen, die ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell haben. „Solch ein Eigenkapitalkredit hat in der Regel eine Laufzeit von sieben bis acht Jahren, was einem Unternehmen langfristig Sicherheit gibt“, betont Sachse. „Zudem erhält das Unternehmen zusätzlichen Freiraum für die Aufnahme weiterer Finanzierungsmittel, da Mezzaninekapital keine Sicherheiten bindet.“ Details dieser und weiterer Produkte finden Sie im Glossar zu dieser Seite.

Branchenkompetenz als Mehrwert für Unternehmer

Die Bereitstellung individueller Finanzierungsprodukte ist aber nur ein Baustein der passgenauen Betreuung von Unternehmen in der Corona-Krise. Für Christine Rademacher ist ein Bankpartner immer auch Impulsgeber für die betreuten Unternehmen. „Unsere Kunden schätzen es, wenn wir sie aufgrund unserer jeweiligen Branchenkompetenz nicht nur produktbezogen beraten können, sondern auch als Sparringspartner für die Diskussion von Geschäftsideen zur Verfügung stehen. Wir wollen und können einen Mehrwert für Unternehmen schaffen, der über die reine Finanzierung hinausgeht.“

Glossar

Pay-per-Use (PpU)

Dieses Kreditmodell passt sich flexibel an die Auslastung einer von der Commerzbank finanzierten technischen Anlage an. Wird nur wenig produziert, sinkt die Tilgungsrate auf bis zu 50 Prozent der vereinbarten Regelrückzahlung, läuft die Maschine rund um die Uhr, können bis zu 140 Prozent der Rate gezahlt und die Finanzierung damit schneller getilgt werden. Eine Voraussetzung für den Kredit: Die Anlage muss in der Lage sein, Produktionsdaten zu erzeugen, die sie bzw. der Nutzer an die Commerzbank übermittelt. Diese Form der flexiblen Tilgung kann für Zeiträume zwischen drei und sieben Jahren vereinbart werden.

Mezzanine-Kapital

Dieser Oberbegriff steht für unterschiedliche hybride Finanzierungsformen wie Genussrechte oder stille Beteiligungen. Durch die individuelle vertragliche Ausgestaltung ist es eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital. Über Mezzanine-Kapital erhält das Unternehmen die erforderliche Liquidität und die Eigenmittel werden gestärkt. Die Laufzeit dieser Finanzierungslösung kann bis zu acht Jahre betragen. Da Mezzanine-Kapital keine Sicherheiten bindet, bleibt ein Unternehmen bei vorrangigen Finanzierungen flexibel.

Forfaitierung

Bei dieser Transaktion kommt es zu einem regresslosen Verkauf von kurzfristigen Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen eines Unternehmens an ein Factoring-Institut, beispielsweise an die Commerzbanktochter CommerzFactoring. Während sich Standard-Factoring-Produkte ideal zur Basisfinanzierung eignen, ermöglicht das Forfaitierungsangebot der Commerzbank die Finanzierung von Spitzenbedarfen. Dank der hochautomatisierten Abwicklung können Factoring-typische Forderungs- und Abnehmermengen flexibel und nur genau dann verkauft werden, wenn der Kunde es wünscht.

Borrowing-Base-Finance

Dadurch werden Betriebsmittelkredite flexibel und umfassend zur Verfügung gestellt. Die vollständige Besicherung der Finanzierung durch das Umlaufvermögen des Unternehmens führt zu niedrigen Kosten. Durch die Refinanzierung von Vorräten und Forderungen bekommt das Unternehmen zudem Spielraum für Wachstum und bietet Flexibilität bei der Generierung von Liquidität aus dem Umlaufvermögen. Die Berechnung des jeweiligen Kreditrahmens erfolgt dabei in periodischen Abständen, in der Regel monatlich.

Factoring

Der regresslose Forderungsverkauf ist ein adäquates Mittel zur Steuerung von Liquidität, Risiko und Kennzahlen eines Unternehmens. Zudem werden Kreditlinien entlastet und Eigenmittel geschont. Factoring und Forfaitierung ermöglichen beispielsweise eine volumenskongruente Finanzierung, verhindern das Risiko von Forderungsausfällen und sorgen für eine Stabilisierung von Finanzkennzahlen wie Working Capital Ratio oder Eigenkapitalquote. Factoring kann im Zusammenspiel mit anderen Finanzierungslösungen jeweils individuell auf einzelne Unternehmen angepasst werden.

Approved Payables Finance

Hierbei handelt es sich um den Ankauf geprüfter Forderungen verschiedener Lieferanten gegenüber einem bestimmten Abnehmer. Diese Finanzierung bringt Vorteile für Unternehmen und deren Lieferanten. Während erstere von längeren Zahlungszielen profitieren, wird durch eine gleichzeitige Finanzierung des Lieferanten durch die Commerzbank dessen Working Capital verbessert. Die Abwicklung über eine leistungsfähige Supply Chain Finance-Plattform sorgt auch für mehr Transparenz und Effizienz. Denn geprüfte Rechnungen und deren Fälligkeiten sind online auf dieser Plattform einsehbar – Rückfragen von Lieferanten zum Bearbeitungsstand der Rechnungen werden minimiert.