Auswirkungen der Corona-Krise auf die digitale Transformation – Commerzbank Fokusthema

Wie die Corona-Krise die digitale Transformation beeinflusst

Etwas Gutes hat die Corona-Krise in Deutschland ausgelöst: Die Digitalisierung hat hierzulande einen deutlichen Schub bekommen. Unternehmen wechselten – je nach Branche – mehr oder weniger ins Homeoffice, Videokonferenzen ersetzen Dienstreisen, Onlinehändler boomen. Doch wie nachhaltig ist diese Entwicklung und wie sieht sie in einzelnen Branchen aus? Das aktuelle Fokusthema der Commerzbank gibt hierzu Antworten.

Pandemie deckt digitale Schwächen auf

Deutschland ist bei der Digitalisierung bislang nur Mittelmaß. Das zeigt zum einen der von der EU-Kommission erhobene Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI), bei dem die Bundesrepublik lediglich auf Platz 12 der 27 Staaten landet, die Wirtschaft sogar nur auf Platz 18. Zum anderen hat die Corona-Krise Schwächen der deutschen Volkswirtschaft offengelegt: So mussten einige Gesundheitsämter aktuelle Fälle per Fax an das Robert Koch-Institut melden, wo diese Daten wiederum händisch in Computer eingegeben werden mussten. Das sind zwei Beispiele aus dem aktuellen Fokusthema der Commerzbank „Auswirkungen der Corona-Krise auf die digitale Transformation“.

Die Krise als Chance: Digitalisierung wird positiver beurteilt

Die gute Nachricht: Die Corona-Krise hat die Akzeptanz der Digitalisierung bundesweit erhöht. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Initiative „Digital für alle“. Demnach sagen 73 Prozent der Bevölkerung, die digitale Weiterentwicklung bringe Vorteile. Das ist ein Plus von fünf Prozentpunkten im Vergleich zur Zeit vor dem Corona-Ausbruch. Das zeigt sich aber auch im Agieren der Unternehmen. So stiegen die weltweiten Ausgaben für Cloud-Infrastrukturleistungen weltweit auf 34,6 Milliarden US-Dollar im zweiten Quartal 2020. Das ist immerhin ein Plus von knapp einem Drittel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Einige Unternehmen haben auf die neuen Herausforderungen reagiert und analoge Prozesse mit digitalen Mitteln umgesetzt. Das Arbeiten im Homeoffice und die Nutzung von Videokonferenzen – mitunter auch als Ersatz für Dienstreisen – sind dafür sicherlich die sichtbarsten Zeichen. Bei etlichen anderen ist die Investition in die digitale Transformation des Geschäftsmodells jedoch noch nicht oder bisher in viel zu geringem Umfang erfolgt. Und dies, obgleich klar ist: Hybride Arbeitsformen, also der Wechsel zwischen Analogem und Digitalem, werden bleiben.

Was Unternehmen jetzt tun können

Unternehmen sollten den Schwung der Krise nutzen, um die digitale Transformation des eigenen Geschäftsmodells voranzutreiben. Dazu gehört unter anderem auch, den Kundennutzen in den Mittelpunkt zu stellen und die Mitarbeiter von Beginn an in die notwendigen Veränderungsprozesse einzubinden.

„Digitale Transformation muss aus dem Unternehmen selbst kommen“

Markus Plankemann, Digital-Experte der Commerzbank, im Interview zu den künftigen Trends der Digitalisierung:

Welche Bedeutung hat die Digitalisierung für Ihre Kunden und welche Herausforderungen müssen sie dabei vor allem bewältigen?

Neue technologische Möglichkeiten und sich schnell ändernde Ansprüche der Kunden führen dazu, dass Geschäftsmodelle in vielen Branchen derzeit im Umbruch sind. Unternehmen sollten aber darauf achten, nicht nur die bestehenden Prozesse digital umzusetzen. Auch die Auswirkungen von Megatrends wie CO2 neutrale Produktion, sich verändernde Transportketten und „grüne“ Anlagestrategien auf das eigene Geschäftsmodell müssen berücksichtigt werden. Zudem sollte eine erfolgreiche Transformation aus dem Unternehmen selbst kommen. Es müssen neue Wege der Innovation und der Zusammenarbeit gefunden werden, die aber in Einklang mit der jeweiligen Unternehmens- und Führungskultur stehen sollten. Wichtig ist es auch, in kleinen Schritten voranzugehen.

Besteht die Gefahr, dass mittelständische Unternehmen bei der digitalen Transformation zurückfallen, weil ihnen in der Krise die Mittel fehlen? Wie kann die Commerzbank helfen?

Einerseits gibt es viele Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb aufgrund der Corona-Krise massiv eingebrochen ist und die daher in Liquiditätsprobleme geraten sind. Andererseits ist aus meiner Sicht im Markt ausreichende Liquidität für Investitionsvorhaben vorhanden. Zudem stellt die Commerzbank als Partner des Mittelstands Finanzierungen zur Verfügung und unterstützt als Hausbank die Beantragung öffentlicher Mittel. Jedoch steht bei der Kreditvergabe in jedem Fall die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells im Fokus.

Wie wird die Digitalisierung unsere Arbeitswelt und die Wirtschaft künftig noch verändern?

Ich gehe davon aus, dass wir nach der Corona-Krise nicht mehr in die Arbeitswelt zurückfallen werden, die wir zuvor verlassen haben. Remote Work, aber auch virtuelle Meetings mit Kunden, Remote Vertrieb bis hin zu Workshops und Innovationsprozessen, die auf Distanz stattfinden, erfordern einen Veränderungsprozess auf allen Ebenen. Dies beginnt mit der Führungskultur, die durch die Verlagerung von Arbeitsleistung ins Homeoffice grundsätzlich mehr Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter voraussetzt, und führt über einen veränderten zwischenmenschlichen Umgang bis hin zum Einsatz neuer Arbeitsweisen und -tools. Hierzu gehört beispielsweise, dass Kunden nicht persönlich aufgesucht werden, wenn eine Videokonferenz genau so viel bringt und dadurch An- und Abfahrtsweg eingespart werden können. Zudem führt die derzeitige Offenheit und Akzeptanz für digitale Produkte und Lösungen dazu, dass das Erfordernis der Kundenzentrierung weiter zunehmen wird. Ein Beispiel: Die vorteilhaften Erfahrungen der Verbraucher mit Online-Bestellungen und Lieferdiensten während der Corona-Pandemie werden den Handel nachhaltig verändern.

Wie die Corona-Krise einzelne Branchen verändert:

Maschinenbau

Laut einer Umfrage des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) haben bereits 40 Prozent der Unternehmen eine Digitalisierungsstrategie. Allerdings sind große Unternehmen oft weiter als kleinere. Die Pandemie hat gezeigt, dass Early Mover besser durch die Krise kommen als die digitalen Nachzügler.

Automotive und Mobilitätsdienste

Einer der Verlierer der Corona-Krise ist die Mobilitätsbranche. Zum einen ging die Zahl der pro Person gefahrenen Kilometer am Tag wegen des Shutdowns und des Arbeitens im Homeoffice schon im Frühjahr drastisch zurück, zum anderen sinkt aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit vielfach die Bereitschaft, ein neues Auto zu kaufen.

Einzelhandel

Des einen Freud, des anderen Leid: Die coronabedingten Auswirkungen haben dem Lebensmitteleinzelhandel und vielen Onlineshops sehr gute Umsätze gebracht, während der stationäre Nicht-Lebensmitteleinzelhandel Umsatzeinbrüche in Milliardenhöhe verzeichnen musste. Eine Antwort hierauf kann der Einsatz von Omni-Channel-Technologien sein.

Medien und Entertainment

Ein gemischtes Bild zeichnet die Pandemie in diesen beiden Branchen. Der Informationsbedarf stieg ebenso wie die Nachfrage nach Unterhaltung. Allerdings brachen parallel hierzu die Werbeeinnahmen vieler Medienanbieter ein, weil von der Corona-Krise getroffene Unternehmen ihre Marketingausgaben teils deutlich zurückfuhren.